Was verstehen wir unter Palliativmedizin und Palliativversorgung?

Palliativversorgung ist die aktive und ganzheitliche Behandlung von Patienten mit einer fortschreitenden, unheilbaren Erkrankung und begrenzter Lebenserwartung[1][5].

Zentrale Aspekte

Behandlungsziele
Die Palliativmedizin fokussiert sich auf die Verbesserung der Lebensqualität, nicht auf eine Lebensverlängerung um jeden Preis[6]. Sie bejaht das Leben und akzeptiert das Sterben als normalen Prozess, ohne den Tod zu beschleunigen oder hinauszögern zu wollen[1].

Ganzheitlicher Ansatz
Die Behandlung umfasst:

  • Kontrolle von Schmerzen und anderen körperlichen Symptomen
  • Psychologische Betreuung
  • Soziale Unterstützung
  • Spirituelle Begleitung[3]

Behandlungsphasen

Palliativ-Therapie-Phase
Nach Erkennung der Unheilbarkeit liegt der Fokus auf Lebensverlängerung und Symptomkontrolle[2].

Palliativ-Care-Phase
Bei fortschreitender Krankheit steht die Verbesserung der Lebensqualität im Vordergrund. Die Grunderkrankung wird meist nicht mehr therapiert[2].

Terminal- und Finalphase
In den letzten Tagen und Stunden konzentriert sich die Behandlung auf maximale Symptomlinderung[2].

Besonderheiten

Die Palliativmedizin ist keine reine „Sterbemedizin“ – sie kann bereits in frühen Krankheitsstadien eingesetzt werden, teilweise schon ab Diagnosestellung[3]. Ein multiprofessionelles Team aus Ärzten, Pflegenden, Seelsorgern, Sozialarbeitern und weiteren Therapeuten arbeitet dabei eng zusammen[6].

Die Betreuung schließt auch die Angehörigen mit ein, die oft eine zentrale Rolle in der Pflege einnehmen und über den Tod des Patienten hinaus in der Trauerphase unterstützt werden[6].

Quellen
[1] Definition der Palliativmedizin https://www.palliativbonn.de/was-ist-palliativmedizin/definition-der-palliativmedizin/
[2] Palliativmedizin – DocCheck Flexikon https://flexikon.doccheck.com/de/Palliativmedizin
[3] Palliativmedizin – Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Palliativmedizin
[4] Forschungsprojekte | UMG – Klinik für Palliativmedizin https://palliativmedizin.umg.eu/forschung/forschungsprojekte/
[5] Was ist Palliativmedizin? https://www.uniklinikum-jena.de/kim2/Palliativmedizin/Wir+%C3%BCber+uns/Was+ist+Palliativmedizin_-p-5044.html
[6] Was ist Palliative Care – Universitätsklinikum Freiburg https://www.uniklinik-freiburg.de/palliativmedizin/kompetenzzentrum/was-ist-palliative-care.html
[7] Palliativversorgung – Versorgungsforschung und Klinische Studien https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/palliativversorgung-versorgungsforschung-und-klinische-studien-6480.php

Identifizieren eines „Palliativpatienten“:

Die Erkennung eines Palliativpatienten beinhaltet die Identifizierung von Personen, die von einem palliativen Behandlungsansatz profitieren könnten, der nicht auf Szenarien am Lebensende oder Krebspatienten beschränkt ist.

Palliativmedizin zielt darauf ab, die Lebensqualität von Patienten mit schweren Erkrankungen zu verbessern, indem auf körperliche, emotionale, soziale und spirituelle Bedürfnisse eingegangen wird.

Verschiedene Instrumente und Kriterien wurden entwickelt, um medizinisches Fachpersonal dabei zu unterstützen, diese Patienten in einem früheren Stadium ihres Krankheitsverlaufs zu identifizieren Im Folgenden sind die wichtigsten Indikatoren und Instrumente zur Identifizierung von Palliativpatienten aufgeführt, die aus den bereitgestellten Forschungsarbeiten abgeleitet wurden.

Screening-Instrumente und -Tools

Indicators Tool zur unterstützenden und palliativen Versorgung (SPICT) : Dieses Tool wird in Krankenhäusern häufig verwendet, um Patienten zu identifizieren, die von einer Palliativversorgung profitieren könnten. Es umfasst allgemeine Indikatoren für fortgeschrittene Erkrankungen und krankheitsspezifische Indikatoren für häufige Erkrankungen. SPICT hat in Krankenhäusern eine bessere Leistung gezeigt als in der Allgemeinmedizin. In Krankenhäusern lag die Sensitivität bei 79,8% .

**ID-PALL: ** Ein kurzes, einfach zu bedienendes Instrument, das in Abteilungen für Innere Medizin validiert wurde und Fachleuten dabei helfen soll, den allgemeinen oder speziellen Bedarf an Palliativversorgung zu ermitteln. Es erleichtert Diskussionen über geeignete Palliativversorgungsprojekte und bezieht Fachärzte zu gegebener Zeit ein^[[3] .

RadBoud Indicators for Palliative Care Needs (RADPAC) : Dieses für Allgemeinmediziner entwickelte Tool hilft bei der Identifizierung von Patienten mit kongestiver Herzinsuffizienz, chronisch obstruktiver Lungenerkrankung und Krebs, die von einer Palliativversorgung profitieren könnten. Es beinhaltet spezifische Indikatoren wie häufige Krankenhauseinweisungen und eine schlechte Prognose des Primärtumors.

Tools zur Prognose

**Palliative Performance Scale, CARING-Kriterien und Palliative Care Rapid Emergency Screening Tool: ** Diese Tools werden verwendet, um ältere Erwachsene zu identifizieren, die in Krankenhäusern mit hohem Risiko stationär behandelt werden und von einer Palliativversorgung profitieren könnten. Sie konzentrieren sich auf die Bewertung des Mortalitätsrisikos innerhalb eines Jahres nach Krankenhauseinweisung.

Krankheitsspezifische und allgemeine Indikatoren

**Krankheitsspezifische Indikatoren: ** In Südafrika umfasst das SPICT-SA-Tool Indikatoren für Trauma, Infektionskrankheiten und hämatologische Erkrankungen, die den lokalen Gesundheitskontext widerspiegeln. Diese Indikatoren haben Vorrang vor allgemeinen Indikatoren, um medizinisches Fachpersonal auf bestimmte Krankheitskategorien zuzuordnen.

**Allgemeine Indikatoren: ** Zu den häufigsten Indikatoren gehören anhaltende Symptome, erhöhter Pflegebedarf und mehrere ungeplante Krankenhauseinweisungen. Diese werden verwendet, um Patienten zu identifizieren, bei denen das Risiko einer Verschlechterung und des Todes besteht, was zu einer Überprüfung der Behandlungsziele und einer vorausschauenden Behandlungsplanung führt.

Schulung und Sensibilisierung

**Wissen der Beschäftigten im Gesundheitswesen: ** Schulung und Sensibilisierung wirken sich erheblich auf die Fähigkeit des Gesundheitspersonals aus, Patienten zu identifizieren, die eine palliative Behandlung benötigen. Studien zeigen, dass Personen mit Vorkenntnissen besser darin sind, den Bedarf an Palliativpflege zu erkennen, insbesondere bei Krebs und chronischen Nierenerkrankungen.

Diese Instrumente und Indikatoren sind zwar für die Identifizierung von Palliativpatienten von entscheidender Bedeutung, es gibt jedoch Herausforderungen und Einschränkungen. Die Wirksamkeit dieser Instrumente kann je nach Situation variieren, und oft ist eine kontinuierliche Validierung und Anpassung erforderlich, um sicherzustellen, dass sie in unterschiedlichen klinischen Umgebungen eingesetzt werden können. Darüber hinaus spielen die Ausbildung und Erfahrung von medizinischem Fachpersonal eine entscheidende Rolle bei der genauen Identifizierung des Bedarfs an Palliativmedizin, was die Bedeutung kontinuierlicher Bildungs- und Sensibilisierungsprogramme unterstreicht. [[1]]

References

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